München: Blockade verkürzt Pegidas Geburtstagsaufmarsch massiv
• Dienstag, 12. Januar 2016
• von Thomas Witzgall
Mit etwas mehr als 350 Teilnehmern fiel die Geburtstagsdemo des Münchner Ablegers kleiner aus als erwartet. Auch die Vorfälle in Köln verhalfen der Gruppe nicht zu einer signifikant größeren Mobilisierung, die an die ersten Aufmärsche heranreichen konnte. Bekannte Neonazis bildeten beim verkürzten Spaziergang teilweise die Spitze und gaben die Parolen vor.
Vor einem Jahr, als der bayerische Pegida-Ableger zum ersten Mal auf die Straße ging, schlossen sich dem Aufzug vom Sendlinger Tor zum Stachus noch etwa 1.800 Personen an, darunter etwa 200 bis 300 bekannte Rechtsextremisten. In der Folge ging es mit den Teilnehmerzahlen rasch bergab, wie es die Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der Landtagsabgeordneten Katharina Schulze (Bündnis90/Die Grünen) anschaulich dokumentiert. Beim vierten „Spaziergang“ Anfang Februar letzten Jahres waren es nur noch etwa 350 Anhänger der rassistischen und nationalistischen „Bewegung“, die auf die Straße gingen. Etwa die gleiche Zahl schloss sich gestern an. Die Polizei sprach später von 400 Teilnehmern, bei Pegida kursieren Eigenangaben von 750 bis über 1.000.
Klar wurde schon kurz nach Beginn: Auch die Ereignisse von Köln und anderen Städten verschafften den Organisatoren um Birgit Weißmann und dem Terrorverdächtigen Heinz Meyer nicht erneut den vielleicht intern erhofften Zuspruch. Weißmann hatte schon vor einem Jahr die Aufzüge angemeldet. An die Bedeutung des Dresdner Ablegers reichte die bayerische Dependance, obwohl die wohl noch erfolgreichste in den alten Bundesländern, zu keinem Zeitpunkt heran.
Neonazis tonangebend an der Spitze
Zuspruch erhielt Pegida wie das ganze letzte Jahr über wieder aus der organisierten Neonazi-Szene. So nahm der Landesvorsitzende der Partei Die Rechte, Philipp Hasselbach, am Marsch teil. Er hatte vor wenigen Wochen den Vorsitz des Münchner Kreisverbandes, den er an Hitlers Geburtstag 2014 gegründet hatte, an Victoria Grasser abgegeben, die sich ebenfalls einfand, wie ihr Stellvertreter Tobias Roidl. Der war im Dezember der Münchner Bild-Zeitung als Mitarbeiter der Stadtsparkasse aufgefallen und wurde nach den Enthüllungen von seinem Arbeitgeber beurlaubt. Vom Nürnberger Kreisverband der Kleinstpartei fand sich Dan Eising mit einer kleinen Gruppe Gleichgesinnter ein.
Aus den Reihen der Partei Der Dritte Weg nahm, wie so häufig, der verurteilte Rechtsterrorist Karl-Heinz Statzberger teil sowie mehrere Angehörige einer „Wodan Bruderschaft“, deren Symbol die „Schwarze Sonne“ ist. Von Seiten der NPD wurden die Münchner Vorsitzende Renate Werlberger am Odeonsplatz gesehen. Auch der BIA-Stadtrat und frühere NPD-Landesvorsitzende Karl Richter ließ sich blicken. Er war am Samstag auch beim eskalierten Hooligan-Aufmarsch in Köln zugegen.
Zu Beginn des „Spaziergangs“ drängten die Neonazis um Statzberger und Petra K. an die Spitze der Demonstration und gaben teilweise die Parolen vor. Besonders beliebt war der Ruf Richtung Polizei „Wo wart ihr Silvester“. Auch Werlberger durfte zeitweise das Fronttransparent tragen. Der Rest des Demonstrationszuges trottet teilweise recht still den lautstarken Kadern hinterher.
Massiv verkürzte Route
Den Weg, den die Demonstration nehmen konnte, wurde allerdings verkürzt. Grund war eine Blockade auf dem Oskar-von-Miller-Ring. Schon am Amiraplatz ging es wieder Richtung Süden und nach einem Abstecher zum Max-Josephs-Platz zurück zum Odeonsplatz und Feldherrnhalle. Keine 20 Minuten dauerte die Route. Am Zielort versuchten Weißmann und einige Ordner erfolglos, einzelne Pressevertreter von der Versammlung entfernen zu lassen. Eine größere Gruppe bekannter Neonazis verließ die Veranstaltung vorzeitig. Bei Pegida gab es noch Reden, darunter war mit dem als Russlanddeutschen vorgestellten Victor Seibel ein Bekannter Karl Richters, und die Einspielung mehrerer Videos von N24 und RTL West. Die Versammlung endete kurz nach 21 Uhr. Mehrfach hatte Pegida an dem Abend mit der Technik zu kämpfen. Die Soundanlage fiel mehrfach aus, Videobeiträge brachen mehrfach ab.
Nach Polizeiangaben beteiligten sich allein am Odeonsplatz über 600 Gegendemonstranten am Protest gegen Pegida. In der Blockade sollen sich noch einmal etwa 100 Personen versammelt haben. Von der Lautstärke her, waren die Pegida-Gegner noch deutlich überlegener.
Zu einem Zwischenfall innerhalb der Absperrung kam es gleich zu Beginn der Versammlung. Rolf H., bekannter Aktivist der islamfeindlichen Partei Die Freiheit und bei Pegida für die Pressebehinderung zuständig, hielt Medienvertretern, Polizei, Gegendemonstranten und Pegida-Anhängern ein Smartphone mit eingeschalteter Taschenlampe direkt vors Gesicht. Ein Pegida-Unterstützer fühlte sich dadurch wohl provoziert und attackierte H., geriet im Anschluss auch noch mit Kadern der Rechten aneinander und wurde von der Polizei letztlich abgeführt.
Pegida hat bei den Behörden Demonstrationen bis Ende 2017 angemeldet.
Fotos: M.Bauer
Originalbericht:
https://www.endstation-rechts-bayern.de/2016/01/muenchen-blockade-verkuerzt-pegidas-geburtstagsaufmarsch-massiv/
Back to Top